/ August 17, 2018/ Eltern-Sein, Gewaltfreie Kommunikation, Social Change/ 0Kommentare

Vom 16.5.2018 – Aus aktuellem Anlass….

„Er hatte eine allgemeine Wut, war die ganze Woche schlecht drauf und hat deshalb ein Kind umgebracht“, so über einen 16jährigen im heutigen Morgenjournal. Ein völlig unauffälliger Bub, der als guter Gymnasialschüler beschrieben wird. Auch eine psychische Erkrankung sei nicht bekannt.

Stattdessen wird von „Gefühlskälte“ und „großem Defizit im emotionalen Bereich“ gesprochen. Mitgefühl zu empfinden, sei bei dem 16jährigen nicht vorhanden; die Gerichtspsychiaterin bezeichnet ihn als „reichlich empathiebefreit“.

Als Mutter eines 18jährigen Sohnes, kann ich den 16jährigen nicht als „bösen Mörder“ sehen, denn in meinen Augen ist er in vielen Aspekten selbst noch ein Kind. Ein Kind unserer Gesellschaft, in der es also augenscheinlich als völlig normal gilt, mit großen emotionalen Defiziten durchs Leben zu gehen. Solange in der Schule keine Auffälligkeiten sind, passt ja alles… (*Ironie off*)

Für mich ist es ein Zeichen, wie krank unsere Gesellschaft ist. Und die Kinder – ich bleibe dabei, einen 16jährigen noch als „Kind“ zu bezeichnen – sind die Barometer, wie es um unsere Gesellschaft bestellt ist.

Der Nachrichtensprecher behauptete, dass niemand, der zu normalem Mitgefühl fähig sei, Wut, Frust und schlechte Laune als Erklärung für so ein Verbrechen liefern könne. Die Gerichtspsychologin wiederum meinte, dass dieses Motiv nicht ganz ungewöhnlich sei; das gäben die meisten Amokläufer und School-Shooter an.

Ich frage: Was ist „normales“ Mitgefühl?

In meinen Kursen für Gewaltfreie Kommunikation treffe ich immer wieder auf Menschen, die sich extrem schwer damit tun, ihre eigenen Gefühle zu spüren. Wie, bitte schön, sollen sie dann Gefühle anderer Menschen wahrnehmen können?

Die gute Nachricht: Wir können das lernen. Ich selbst habe vor 20 Jahren auch kaum Zugang zu meinen eigenen Gefühlen gehabt. Das ist anders geworden

Die noch bessere Nachricht: Wir können lernen, diese Fähigkeit an unsere Kinder weiter zu geben. Indem wir mit uns selbst Empathie üben, können wir auch mit unseren Kindern empathisch sein. Indem wir eine wertschätzende Kommunikation praktizieren, erfahren sich unsere Kinder als wertvolle Menschen und lernen ganz automatisch, dass auch alle anderen Menschen wertvoll sind. Indem wir lernen, unsere Gefühle wahrzunehmen und zu kommunizieren, sind unsere Kinder ganz von selbst wahre Meister darin.

Die Fähigkeit zur Empathie ist angeboren, wie diverse Versuche zeigen. Wir müssen nur aufhören, unsren Kindern das abzutrainieren. Und da es uns oft selbst abtrainiert wurde, müssen wir es eben wieder lernen.

Elternbildungskurse helfen dabei. Es ist KEIN Eingeständnis von Unfähigkeit, sondern ganz im Gegenteil der Beweis, wie wichtig ich als Mutter oder Vater meine Aufgabe in der Begleitung von Kindern nehme, wenn ich solche Kurse besuche. Ich würde mir wünschen, dass Elternbildung ebenso selbstverständlich wird, wie ein Führerscheinkurs für’s Auto oder der Besuch von Vorsorgeuntersuchungen für die körperliche Gesundheit von Babys.

Wie viele Gewaltakte brauchen wir noch, bevor uns das klar wird?

(Gedankenspiel für die Elternwerkstatt vom 16.05.2018)

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